Joseph aus Arimathaia - hebräisch Ramathajim, das heutige Rantis - war ein reicher Jude, wahrscheinlich ein Mitglied des Synedriums, des jüdischen Gerichts in Jerusalem, der bei der Kreuzigung Jesu "mit dessen Beschluss und Vorgehen nicht einverstanden gewesen" ist (Lukasevangelium 23, 51). Nach dem Matthäus- (27, 57) und Johannesevangelium (19, 38) war er "selbst auch ein Jünger Jesu geworden". Nach Jesu' Kreuzestod bat er den römischen Statthalter Pontius Pilatus um den Leichnam, um ihn in sein eigentlich für sich selbst bestimmtes Felsengrab zu legen (Matthäusevangelium 27, 59 - 61).

Um das weitere Schicksal kreist ein Kranz von Legenden. Das "Nikodemusevangelium" erzählt, dass "die Juden", nachdem sie hörten, dass Joseph Christus ins Grab gelegt habe, ihn in eine Kammer sperrten, diese versiegelten und ihn nach dem Sabbat töten wollten. In der Nacht der Auferstehung aber hob Christus das Haus an den vier Enden hoch, trocknete Josephs Tränen, küsste ihn und führte ihn heraus, ohne dass die Siegel zerbrachen. Im "Evangelium des Gamaliel" wird erzählt, Joseph habe zusammen mit Nikodemus den mit Jesus gekreuzigten Dismas nach Ostern in Christi Grabtuch eingehüllt, worauf auch dieser zu neuem Leben auferstanden sei. Die Erzählung vom "Martyrium des Pilatus berichtet von Josephs Gefangennahme und Geißelung durch Herodes und Befreiung aus dem Gefängnis durch den Erzengel Gabriel."

Nach der Überlieferung der Georgischen Kirche soll Joseph zusammen mit Nikodemus die Kirche in Lydda - dem heutigen Lod in Israel - gegründet haben. Nach anderen Legenden hat er als Glaubensbote in Gallien und Britannien gewirkt. Bei der Zerstörung Jerusalems durch Kaiser Titus wurde Joseph einer Legende nach anders als die jüdische Bevolkerung gerettet: Titus sah demnach eine dicke Mauer, ließ sie aufbrechen und sah einen alten Mann in weißem Haar, der sagte: "Ich bi Joseph von Arimathaia, die Juden haben mich eingemauert, aber ich wurde bis zu dieser Stunde mit himmlischer Speise ernährt und im göttlichen Licht getröstet."

Legendär ist auch die Überlieferung, Karl „der Große” habei Josephs Leichnam aus Jerusalem nach Mittelmünster - das heutige Moyenmoutier - übertragen. Ein angeblicher Arm von Joseph wird im Petersdom in Rom gezeigt.

Der Arthussage zufolge brachte Joseph von Arimathaia den Heiligen Gral - in der mittelalterlichen Literatur ein wundertätiger und heiliger Gegenstand, der Glückseligkeit verheißt - im Jahr 1247 nach England. Einer frühchristlichen Legende des Nikodemus-Evangeliums zufolge war der Gral jener Kelch, den Christus beim letzten Abendmahl benutzte und in dem dann Joseph das Blut des Gekreuzigten, das aus der Seitenwunde floss, auffing. Joseph wurde dann 40 Jahren im Kerker gefangen gehalten, anschliessend brachte er den Kelch über Rom nach England, um die Insel zu missionieren. Am Weihnachtstag soll er Glastonbury erreicht und den Gral im Boden vergraben haben. Aus dem Pilgerstab, den er in die Erde steckte, wurde ein Weißdornbusch, dessen Ableger heute noch zu Weihnachten blüht. Auch gründete er der Sage nach dort die erste Kirche in Britannien. Im 11. und 12. Jahrhundert enstand der Mythos der Tafelrunde mit König Arthus: die Ritter der Tafelrunde um König Artus suchten den Heiligen Gral.

Andere Legenden berichten von der Verwahrung des Heiligen Grals durch den Diakon Laurentius. Wolfram von Eschenbachs "Parzival" vom Anfang des 13. Jahrhunderts berichtet die Sage. Bayernkönig Ludwig II. ließ sich mit Schloss Neuschwanstein bei Füssen das Modell einer Gralsburg bauen. Richard Wagner gab seinen Gralsträumen in den Opern "Parsifal" und "Lohengrin" Ausdruck. Heute zeigen Filme wie "Indiana Jones", aber auch solche über Artus und die Ritter der Tafelrunde die ungebrochene Faszination der Gralsthematik; Dan Browns Buch "Sakrileg" nimmt auch die Gralsthematik zum Anlass wilder Verschwörungstheorien.




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