Einer Überlieferung zufolge kam der hl. Prokopij aus Preußen nach Russland und handelte in seiner Jugend mit russischen Kaufleuten. Von ihnen erfuhr er vom russisch-orthodoxen Glauben und vom russischen Norden, das veränderte sein Leben von Grund auf. Er verließ seine Heimat, verzichtete auf seinen Reichtum und ließ sich in Russland, in Welikij Ustjug nieder, um hier, weit weg von allen Versuchungen, mitten in der rauen nördlichen Natur seinen wahren geistigen Weg zu finden.

Viele Jahre lang lebte Prokopij als Narr in Christo: Er ging in Ketten herum, trug sogar bei Frost alte und zerrissene Kleidung, plagte sich mit Fasten und nahm alle Spöttereien und Beleidigungen sanftmütig hin, um mit seiner grenzenlosen Demut den übermäßigen Stolz der im Dunkeln umherwandelnden Menschen wenigstens ein bisschen abzubüßen.

Einmal begann aber der sonst ruhige und schweigsame Prokopij emotionale Predigten zu halten und Menschen zur Buße aufzurufen. Die Ustjuger wollten jedoch nicht auf den aufdringlichen Narren in Christo hören: Es bleibt ja keine Zeit für eine Buße im kurzen nordischen Sommer! Das Unheil kam unerwartet. An einem heißen und windstillen Julitag zog über Ustjug eine riesige schwarze Wolke auf. Die Ustjuger rechneten mit einem Gewitter oder mit einem Regenschauer, aber es kam kein Regen. Im Gegenteil, obwohl die Sonne nicht zu sehen war, wurde es immer heißer und die Menschen fingen an, zu ersticken. Aber die glühende Wolke sank immer tiefer, plötzlich donnerte es in der toten Stille, so, als ob Tausende von Steinen in einen Abgrund stürzten. Die Ustjuger hoben ihre Augen und verstanden alles: Die Wolke war aus Stein. In Panik rannten die Menschen in die Kirchen, und bald waren die Straßen menschenleer. Nur Prokopij suchte keine Zuflucht. Er streckte die Hände zum Himmel aus und begann zu beten. Niemand weiß, wie Prokopij betete, aber innerhalb weniger Stunden wehte schon ein ruhiger kühler Wind, und die Wolke fing langsam an, von der Stadt abzuziehen. Später erzählten Wanderer, sie hätten nicht weit von Ustjug eine riesige tote Waldfläche gesehen, die vom glühenden Steinhagel vernichtet worden wäre. Dieses Schicksal war eigentlich für die Stadt bestimmt, aber die innigen Gebete des frommen Mannes habe sie gerettet.

Nach diesem Vorfall begannen die Ustjuger, Prokopij wie einen Heiligen zu verehren, aber er änderte weder seine Lebensweise noch sein Verhalten. Nach wie vor fastete er und setzte sich der Kälte aus, war fromm und sanftmütig und half den Menschen, so gut er konnte, mit Gebeten und Ratschlägen. Am häufigsten war Prokopij am Suchona-Ufer zu sehen, wo er die vorbeifahrenden Schiffe segnete und für die Erlösung und Wiederkehr unbekannter Wanderer betete.

Kurz vor seinem Ableben wurde dem hl. Prokopij durch einen Engel Gottes sein baldiges Hinscheiden aus diesem Leben offenbart. Eines nachts verlies er die Kathedralkirche und begab sich zum Kloster der Allerheiligsten Gottesgebärerin und des hl. Erzengels Michael, wo sein Beichtvater der Priester Kyprian zelebrierte. Der hl. Prokopij warf sich dort vor dem Altar nieder und dankte Gott so mit einem flammenden Gebet für alle Wohltaten, mit denen Er ihn von Jugend an bis zu seinem Scheiden bedachte, indem Er ihn aus einem fremden Lande und aus der Irrungen Finsternis zum Lichte der Wahrheit führte. Während dieses kurzen Gebetes ließ er sein ganzes Leben im Geiste an sich vorbeiziehen; schritt die Altarstufen wieder hinab und legte sich vor der Kirche des hl. Erzengels Michael, am Ende der Brücke mit gekreuzten Armen nieder und verschied. Es war der 21. (8. alter Kalender) Juli des Jahres 1303.

In dieser Nacht fiel Schnee vom Himmel, zwei Spannen hoch und bedeckte die Erde und alle Früchte der Erde, und es gab Kälte, Frost und Sturm, aber trotzdem nahm kein fruchtbringendes Gewächs der Erde Schaden. In Kürze taute der Schnee vor der Hitze der Sonne, und ein segensreicher Wind erhob sich. Beim Morgenamt in der Kathedralkirche wunderten sich die Priester und Kirchendiener, als sie Prokopij nicht erblickten, da der Selige keinen Gottesdienst versäumte. Als sie ihn in der Umgebung der Kirche suchten fanden sie ihn nicht. Als sie ihn auch in der Liturgie nicht sahen, begannen sie ihn überall zu suchen, drei Tage lang, bis sie ihn unter einer Schneewehe vor der Kirche des hl. Erzengels Michael fanden. Er lag mit dem Antlitz himmelwärts, die Finger der Hände zu Kreuzeszeichen gekrümmt und mit geschlossenen Augen, wie es sich geziemt. Daraufhin hoben sie ihn auf und trugen ihn auf ihren Häuptern in die Kathedralkirche, vor der er viele Jahre in der Vorhalle gelebt hatte, und sangen die Aussegnungsgebete für ihn. Danach bestatteten sie den Heiligen an dem Ort, der ihm am liebsten gewesen war, und jenen Stein, auf dem er oft zu sitzen pflegte, legten ihn auf sein Grab und schrieben das Jahr und den Monat und den Tag seines Endes darauf.

Dort, wo der Heilige für unbekannte Wanderer betete, bauten die Ustjuger eine Holzkirche, an der Stelle später die jetzige Kathedrale des heiligen Frommen Prokopij errichtet wurde. Als sich nach vielen Jahren Wunder an seinem Grab ereigneten wurde über diesem eine Kirche errichtet. Eine Ikone des hl. Propkopij, an seinem Grab, in Ustjug spendete, was sonst nur von Muttergottesikonen bekannt ist, einmal Myron. Der Fromme Prokopij ist einer der von den Ustjugern am meisten verehrten Heiligen, ihr Fürsprecher und Schutzpatron. (© Inge Thomann "Als Feuer vom Himmel fiel...". MDZ, 28.08.2003)

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Der hl. Prokopius war ein deutscher Kaufmann, der zu Nowgorod (Russland) Handel trieb. Er nahm die Orthodoxie an, verteilte sein Vermögen und trat als Mönch in das Kloster des ehrw. Warlaam von Chutin ein, von wo er sich in die Stadt Ustjug begab. Dort nahm er auf sich die Askese eines Einfältigen um Christi willen. Von Mitleidigen Almosen empfangend, verteilte er das Empfangene unter die Armen und nahm dabei nichts an von solchen die ihren Reichtum auf unrechte Weise erworben hatten, da er die Gabe besaß, Verborgenes zu wissen. Auf sein Gebet wurde die Stadt von einem Steinregen gerettet, der später 20 Werst von der Stadt entfernt eine wüste Gegend traf. Der hl. Prokopius starb im Jahre 1303 am Tor des Hl.- Erzengel - Klosters. Seine Reliquien befinden sich in der Kathedrale zu Ustjug.




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