
Johannes, Sohn einer wohlhabenden christlichen Familie, genoss eine klassische Bildung, was ihm Zugang zur Literatur der griechischen Kirche verschaffte. In jungen Jahren pilgerte er nach Palästina und trat um 382 in Betlehem in ein Kloster ein. Um 385 zog er mit seinem Freund Germanus weiter in die Sketische Wüste, um dort das Einsiedlertum aus eigener Anschauung kennenzulernen; sieben Jahre blieben sie dort, dann gingen sie für drei weitere Jahre zu den Einsiedlern in die Thebais um Theben - heute Ruinen bei Al Uqsur. 399 verließ Johannes mit seinem Gefährten Ägypten und zog nach Konstantinopel - das heutigen Ístanbul -; dort wurde Johannes von Patriarch Johannes Chrysostomos zum Diakon geweiht.
404 wurde Johannes, wieder in Begleitung von Germanus, nach Rom geschickt, um den Schutz des Papstes Innozenz I. für den durch die Verleumdungen der mit der Kaiserin Eudoxia verbündeten Bischöfe verfolgten Chrysostomos zu erwirken. Später zog es ihn in die Provence, dort gründete er um 415 das Kloster St-Victor für Männer und ein Frauenkloster im heutigen Marseille. Diese Klöster wurden in einer Zeit barbarischer Verwüstung Zufluchtsort für Menschen in Not und Stätten des Friedens sowie Zentren intellektuellen Lebens und monastischer Spiritualität und wirkten weit hinein nach Gallien und Spanien.
Johannes vermittelte mit seinen 419 - 426 auf Bitten von Bischof Castor von Apt unter dem Titel "De institutis coenobiorum et de octo principalium vitiorum remediis", "Von der Einrichtung des Zusammenlebens und der Erlösung von den acht wichtigsten Sünden" verfassten Büchern dem Westen die geistige Erfahrung der Mönchsväter des Ostens; die ersten 4 Bücher beschreiben das gemeinsame Leben im Kloster, die Bücher 5 bis 12 die acht Laster und deren Überwindung durch die Askese. Johannes brachte damit die Lehren von == Evagrius und Origines in den Westen, passte sie an die Bedingungen in Gallien an und prägte so nachhaltig das abendländische Mönchtum. Ziel war weniger die perfekte Askese als die vollkommene Liebe, die zwar jedem Christen aufgetragen ist, aber nur im Mönchsleben zu verwirklichen sei. Die vier ersten Bücher der "Institutiones" galten lange als "Regel des Cassian"; die Ordensregel des Benedikt von Nursia sind deutlich von ihr abhängig.
Nach 425 veröffentlichte er sein Werk "24 Conlationes Patrum", "24 Sammlungen der Väter" eine Unterweisung in Askese in der Form fingierter Lehrvorträge bekannter ägyptischer Mönchsväter; mit der 13. "Conlatio", "über Gnade und menschliche Freiheit", die sich gegen die Gnadenlehre des Augustinus' stellte, handelte er sich den Vorwurf des Semi-Pelagianismus ein. Prosper von Aquitanien machte Augustinus auf Johannes' Ansichten aufmerksam; Johannes sah sich veranlasst, sich noch am Ende seines Lebens zu einer Widerlegung des Pelagianismus aufzuraffen.
430 schrieb Johannes auf Bitten des späteren Papstes Leo des Großen sieben Bücher gegen den Nestorianismus mit dem Titel "De incarnatione Domini contra Nestorium", "Über die Menschwerdung Gottes, gegen Nestorius". Schon Papst Gregor der Große nannte Johannes einen Heiligen.
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